André Heller - Der Souffleur songtext (lyrics)

[André Heller - Der Souffleur songtext lyrics]

In meinem Verschlag
Von dem aus ich der Literatur
Unter die Röcke sehe
In diesem erbärmlich kleinen Lichtkegel
Sitze ich hautnah, als erster
Wissendster Zuschauer ich bin Souffleur
Während die anderen dort oben mit ihrer
Bronchitis kämpfen oder dem nervösen Asthma
Wiederhole ich stundenlang den text
Den ich offenbar als einziger auswendig kann
Das ist kein Vergnügen der
Faust war vielleicht in
Seiner Jugend vor sechzig Jahren ganz begabt
Aber mittlerweile ist er Provinz
Und wie er outriert!
Was dieses Möchtegern-Gretchen betrifft
Sollte sie sich lieber ein oder
Zwei Kinder machen lassen – ich meine
Wenn sich jemand dafür hergibt die
Ist doch nicht seriös
Würde ich an die Stelle
Dieses Mephisto treten
Wäre das Theater nicht so gähnend leer

Gott, hab'ich es satt!
Lasst mich doch Vergeltung üben!
Diese Bretter sollen brennen
Und ich möchle niedersinken unter Bravo-Rufen
Zwischen Jubel-Schreien –
Blumen werden auf mich regnen!
Man wird trampeln, wird mich segnen –
Mich, den König der Tragöden!

Wäre da nicht der Direktor, das Cretin
Der meine Begabung nicht erkennt
Es schmerzt, diese alte
Schlange zu beobachten
Die die Marthe Schwertlein schmiert
Ihr Satz: "Hat sich das Herz
Nicht irgendwo gebunden?" klingt
Als würde sie fragen: "Wie spät ist es?"
Unglaublich das Ganze
Ich schwöre bei der heiligen Duse
Ich besitze noch im Schlaf
Mehr Seele und Grandezza
Es gibt tatsächlich Abende
Wo die Leute von den
Rängen Wiederholung fordern
Wenn sie mich soufflieren hören!

Lasst mich doch Vergeltung üben!
Diese Bretter sollen brennen
Und dann geh' ich in das Toben
In die Bravo-Rufe – hört das Jubel-Schreien!
Vor mir seh' ich die Kritiken
Das euphorische Entzücken
Und sie alle wollen wissen
Wie es dazu kommen konnte
Dass der Trottel von Direktor
Mein Talent solange verkannte!

Man muss sich dsa vorstellen, dieses
Pack, an Sprachfehlern und Stotterern
Das über die Bühne stolziert:
"Du gleichst dem Geist
Den du begreifst" oder "Da seid
Ihr eben recht am Ort"!
Im übrigen, Gretchens Bruder trinkt – ja
Sogar mehr als ich!
Er wird an einer anmutigen
Zirrhose krepieren – oder
Vielleicht torkelt er auch
In eine Straßenbahn
Das ist auch sehr hübsch!
Aber noch bin ich ihm nahe – ich
Helfe ihm oder ich lasse ihn hängen

Seht, ich werde mich erheben
In Kostüm und Maske leben
Um dem Publikum zu diene
Das mich so vergöttert –
Das mir applaudiert!
Einmal steht zwischen Kulissen
Dann der schwitzende Direktor
Und er möchte mir versichern
Dass er immer an mich glaubte
Und ich sage: "Es ist gut – sie können geh'n
Mein Lieber!" – das sind Triumphe!
Was ist denn los da oben
Was starren denn schon wieder alle
Auf mich hinunter –
Warum schweigen sie denn alle?!

Was, mein Gott
Wem hab' ich vergessen zu soufflieren?
Madonna hilf mir
In welchem Akt sind wir denn überhaupt?
Na ja, nicht gleich eine Panik, keine
Panik, ich weiß ja: Faust, faust!
Natürlich, Domszene, Gretchen, Gretchen
Unter vielem Volke – das ist es ja, ja
Der böse Geist hinter Gretchen
Gretchen sagt: "Weh, wär' ich
Die Gedanken los
Die mir herüber und hinüber gehen
Wider mich"
Gedanken versteht sie mich nicht?!
Gedanke, G g, Goethe, wie Gründgens
Schwerhörige Mißgeburt
Unbegabte – die Dame sollte die
"Glöcknerin von Notre Dame" spielen!

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