Hannes Wader - Aufgewachsen auf dem Lande songtext (lyrics)

[Hannes Wader - Aufgewachsen auf dem Lande songtext lyrics]

Aufgewachsen auf dem Lande
In einem kleinen Ort –
Ich glaube, ich war zu lange nicht mehr dort!
Denn zwischen Kartoffeln und Blumenkohl
Fühl' ich mich Heute nicht mehr wohl!

Auf diesem Waldweg parkten damals oft
Autos in der Dämmerung
Wenn ein Pärchen drinsaß
Dann standen die Jungs aus dem
Dorfe schon auf dem Sprung
Mal schielten sie durchs Fenster
Mal wuchteten sie halbe Bäume auf das Verdeck
Wälzten Steine vor die Räder und verstopften
Noch schnell den Auspuff mit Dreck
Nie wurde einer von den Flegeln
Die je dabei gewesen sind
Von den Wageninsassen bemerkt – es
Stimmt, wenn man sagt
Die Liebe macht blind!

Auf diesem Waldweg begegnete mir
Sehr alt geworden, mit Runzeln im Gesicht
Gemeindeschwester Martha
Sie erkannte mich nicht
"Guten Tag, Schwester Martha
Sie tragen so schwer
An Ihrem Korb da, geben Sie ihn mal her!"
Vielleicht traf ich damit nicht
Den richtigen Ton –
Ich streckte nur die Hand aus
Da schrie sie schon
Und den Korb fest an die Brust gepresst
Schoss sie im Zickzack durch das Geäst!
Man sah sie, so hörte ich später sprechen
Im Morgengrauen aus dem Dickicht brechen
Die Röcke gerafft, von Dornen zerstochen
Mit Tau in den Haaren, doch ungebrochen!

Aufgewachsen auf dem Lande
In einem kleinen Ort –
Ich glaube, ich war zu lange nicht mehr dort!
Denn zwischen Kartoffeln und Blumenkohl
Fühl' ich mich Heute nicht mehr wohl!

In diesem Teich haben alle Jungs aus
Dem Dorfe früh das Schwimmen gelernt
Einer war mal da
Der hatte sich im Spiel ein
Wenig von den andern entfernt
Als er aufsah, waren alle fort
Nur an dem Platz, wo seine Hose lag
Rasteten fast fünfzig Mädchen, eine Klasse
Die hatte Wandertag! Nun meinte er
Von seiner Blöße – wie sollte
Er's auch besser wissen!
Den hinteren Teil, als die grössere Fläche
Mit den Händen verbergen zu müssen!
Die Mädchen kreischten, und
Rückwärts stolpernd
Stürzte er zitternd und nackt nach Haus' –
Danach zog er drei Jahre lang
Seine Kleider auch im Bett nicht mehr aus!

An diesem Teich begegnete mir
Nicht mehr so hübsch und mit Übergewicht
Eine Jugendliebe, sie erkannte mich nicht
Doch der kleine Junge an ihrer Hand
Fast schien es, als habe er mich erkannt!
Der Kleine brüllte und zeigt dabei
Mit dem Finger auf mich
Schnell lief ich vorbei
Denn auf dem Land bedeutet das nie Gutes
Hier glaubt man noch an die Stimme des Blutes
Und daran, dass stets alle Blöden
Besoff'ne und Kinder die Wahrheit reden!

Aufgewachsen auf dem Lande
In einem kleinen Ort –
Ich glaube, ich war zu lange nicht mehr dort!
Denn zwischen Kartoffeln und Blumenkohl
Fühl' ich mich Heute nicht mehr wohl!

In diesem Hause wuchsen mein Bruder
Und ich gemeinsam heran –
Mein Bruder war sehr brav
Tat nie etwas Böses
Soweit ich mich erinnern kann!
Am liebsten saß er den ganzen Tag
Still unterm Tisch auf seinem Topf
Sprach mit sich selbst
Dazu wackelte er unablässig mit dem Kopf
Mit den Jahren drückte der Rand des Töpfchens
Sich deutlich auf seiner Rückfront ab
In Form eines flammend roten Kreises
Worum ich ihn sehr beneidet hab'!
Denn ich dachte
Bei allen gehorsamen Kindern müsse das
Auch so ähnlich sein –
Nur die Bravsten hätten an dieser
Stelle genau den gleichen Heiligenschein!

Vor diesem Hause stand ich jetzt
Um durchs Fenster zu seh'n
Was mein Bruder so macht
Eben hatte seine Frau das Abendbrot gebracht
Eine Frau, die so aussah
Wie ein Mann sie erwählt
Dem jeglicher Sinn für schöne Dinge fehlt!
Meine Neffen, lauter Kindergreise
Hockten am Tisch und beteten leise:
"Gott, gib uns ein langes Leben auf Erden
Und achte darauf, dass wir nicht so werden
Wie unser Onkel aus der Stadt
Der sie nicht alle auf der Latte hat!"

Aufgewachsen auf dem Lande
In einem kleinen Ort –
Ich glaube, ich war zu lange nicht mehr dort!
Denn zwischen Kartoffeln und Blumenkohl
Fühl' ich mich Heute nicht mehr wohl!

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