Reinhard Mey - Der Schuttabladeplatz der Zeit songtext (lyrics)

[Reinhard Mey - Der Schuttabladeplatz der Zeit songtext lyrics]

Im Herzen von Chronosopol
Zwei Megawatt nach Omega
Zehn hoch zwölf Angström gegen Süd, liegt
Was bisher kaum jemand sah –
Mit Ausnahme von drei Redakteuren
Die einer Zeit'schrift angehören
Die Spürsinn für Affären hat –
Da also liegt, vom Eis befreit
Der Schuttabladeplatz der Zeit

Die Halde reinlich
Eingesäumt, wächterbewacht, rosenbesteckt
Ein Monticulum
Das sich bis fast an den Horizont erstreckt
Geschützt durch nied're Maschenzäune
Gesellschafts- und Verwaltungsräume
Vereinszimmer und Buchhaltung –
Kein schöner Land in dieser Zeit
Als der Schuttabladeplatz der Zeit
Der Styx als bill'ger Wasserweg
Ward eigens hier kanalisiert
Den Umschlaghafen weist ein Schild
Das den Besucher informiert:
"Hier könn' Familien Kaffee kochen!" –
Ein Schild, das nicht nur ausgesprochen
Sondern auch überflüssig ist –
Vom Ufer scheint er eher breit
Der Schuttabladeplatz der Zeit

Kurz nach halb Uhr war es soweit
Ein Wächter schlief beim Wachen ein
Des Schildes ungeachtet
Drang ich längs des Hafens landwärts ein
Und fand, wie nicht anders zu erwarten
Drei Herren, die im Abfall scharrten
Die Redakteure wohlgemerkt –
In Bergeshöh'n und Tälern weit
Im Schuttabladeplatz der Zeit

Acht Augen sehen mehr als sechs
Und also wühlten wir zu viert
Und fanden staunend, aufgeregt
In gutem Zustand konserviert:
Den Gordischen Knoten – aufgerissen!
Ein' Sisalteppich – angebissen
Und die Guillotine des Herrn Guillot –
Bewältigte Vergangenheit
Am Schuttabladeplatz der Zeit!

Da lag der von der Vogelweide
Bei dem Kätchen von Heilbronn
Die hohe Messe in h-moll
Neben einem Akkordeon
Neben gescheiten Argumenten
Die Reden eines Präsidenten
Pornographie und Strafgesetz –
In friedevoller Einigkeit
Am Schuttabladeplatz der Zeit
Dann wurde eine Kiste voll Papier
Beim Wühlen umgekippt –
Zwei Redakteure weinten leis' – der
Dritte fraß sein Manuskript
Weil sie Zeitungsartikel fanden
Bei denen ihre Namen standen –
Sie schämten sich so gut es ging
Sie knieten nieder, bußbereit
Am Schuttabladeplatz der Zeit

Seit gestern bin ich auf der Flucht
Draußen vom Walde komm' ich her
Und dass ich wiederkommen durfte
Muss ich sagen, freut mich sehr!
Das sei mir Lehre für mein Streben:
Warum soll ich mir noch Mühe geben?
Es landet alles – ganz egal
Ob saublöd oder ob gescheit –
Am Schuttabladeplatz der Zeit

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