Reinhard Mey - Mein Berlin songtext (lyrics)

[Reinhard Mey - Mein Berlin songtext lyrics]

Ich weiß, dass auf der Straße hier kein
Einz‘ger Baum mehr stand
Ruinen in den Himmel ragten
Schwarz und leergebrannt
Und über Bombenkrater ging ein Wind
Von Staub und Ruß ich stolperte in Schuhen
Viel zu groß für meinen Fuß
Neben meiner Mutter her
Die Feldmütze über den Ohr‘n
Es war Winter ‘46
Ich war vier und hab gefror‘n
Über Trümmerfelder und durch Wälder
Von verglühtem Stahl
Und wenn ich heut' die Augen schließe
Seh‘ ich alles noch einmal

Das war mein Berlin
Den leeren Bollerwagen übers
Kopfsteinpflaster zieh‘n das war mein Berlin
Da war‘n Schlagbäume
Da waren Straßensperren über Nacht
Dann das Dröhnen in der Luft
Und da war die ersehnte Fracht
Der Dakotas und der Skymasters
Und sie wendeten das Blatt und wir ahnten
Die Völker der Welt schauten auf diese Stadt
Da war‘n auch meine Schultage
In dem roten Backsteinbau
Lange Strümpfe, kurze Hosen
Und ich wurd‘ und wurd‘ nicht schlau
Dann der Junitag
Als der Potsdamer Platz in Flammen stand
Ich sah Menschen gegen Panzer kämpfen
Mit der bloßen Hand

Das war mein Berlin
Menschen, die im Kugelhagel
Ihrer Menschenbrüder flieh‘n
Das war mein Berlin

Da war meine "Sturm- und Drangzeit"
Und ich sah ein Stück der Welt
Und kam heim und fand
Die Hälfte meiner Welt war zugestellt
Da war‘n Fenster hastig zugemauert
Und bei manchem Haus
Wehten zwischen Steinen noch die
Vorhänge zum Westen raus
Wie oft hab ich mir die Sehnsucht
Wie oft meinen Verstand
Wie oft hab ich mir den
Kopf an dieser Mauer eingerannt
Wie oft bin ich dran verzweifelt
Wie oft stand ich sprachlos da
Wie oft hab‘ ich sie geseh‘n
Bis ich sie schließlich nicht mehr sah!
Das war mein Berlin
Wachtürme, Kreuze, verwelkte Kränze
Die die Stadt durchzieh‘n
Das war mein Berlin

Da war‘n die sprachlosen Jahre
Dann kam die Gleichgültigkeit
Alte Narben, neue Wunden
Dann kam die Zerrissenheit
70er Demos und die 80er Barrikaden
Kreuzberg brennt!
An den Hauswänden Graffiti: Steine
Sind kein Argument
Hab‘ ich nicht die Müdigkeit und
Die Enttäuschung selbst gespürt?
Habe ich nicht in Gedanken auch
Mein Bündel schon geschnürt? All die Reden
Das Taktieren haben mir den Nerv geraubt
Und ich hab doch wie ein Besess‘ner
An die Zukunft hier geglaubt
Das war mein Berlin
Widerstand und Widersprüche
Wirklichkeit und Utopien das war mein Berlin

Ich weiß, dass auf der Straße hier kein
Einz‘ger Baum mehr stand
Ruinen in den Himmel ragten
Schwarz und leergebrannt
Jetzt steh‘ ich hier nach so viel
Jahr‘n und glaub‘ es einfach nicht
Die Bäume, die hier steh‘n
Sind fast genauso alt wie ich
Mein ganzes Leben hab‘ ich in
Der halben Stadt gelebt? Was sag‘ ich jetzt
Wo ihr mir auch die andre Hälfte gebt?
Jetzt steh‘ ich hier
Und meine Augen sehen sich nicht satt
An diesen Bildern: Freiheit
Endlich Freiheit über meiner Stadt!

Das ist mein Berlin!
Gibt‘s ein schön‘res Wort für Hoffnung
Aufrecht gehen nie mehr knien!?

Das ist mein Berlin!

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