Reinhard Mey - Friedrichstraße songtext (lyrics)

[Reinhard Mey - Friedrichstraße songtext lyrics]

Ich geh' gemütlich durch die Friedrichstraße
Und ich frage mich
Nach welchem von den vielen Friedrichen
Heißt die nun eigentlich?
Na, vielleicht Friedrich Wilhelm eins
Den sie "Soldatenkönig" nennen
Den wir von der Zwangsrekrutierung der
"Langen Kerls" her kennen
Ein geiz'ger Militärkopp
Bekannt für seine Kunst des Schröpfens
Und die Erfindung der preußischen
Tugend des Kinderköpfens
Der seinen Sohn zusammen mit
Dessen geliebten Kumpel Katte
Weil sie mal ausgebüchst war'n
In die Festung Küstrin gesperrt hatte
Wo er dem armen Katte dann nur zur Ermahnung
Wie es hieß
Vor den Augen seines Sohns erstmal
Den Kopf abhacken ließ
Und hätte man ihn nicht gebremst
Dann hätt' er gleich noch unbeirrt
Den eignen Sohn auch geköpft
Damit mal ein richt'ger Kerl aus ihm wird!
Das muss ein anderer Friedrich sein
In diesem gottesfürcht'gen Land
Hätt' man nach so einem Strolch
Doch keine Straße benannt!

Vielleicht nach Friedrich zwo
Der Alte Fritz, hart und autoritär
Und nichts im Kopf außer seinen
Hunden und seinem Militär
Und schon gar nicht die Frau Gemahlin
"Ich werde sie verstoßen
Sobald ich Herr im Hause bin!"
Nennt man ihn 'drum Friedrich den Großen?
Na gut, er war's
Der die Kartoffel nach Deutschland brachte
Aber auch, der unsre Literatur beim
Nachbarn madig machte
In elf Kriegsjahren hat er
Fünfzehn blutige Schlachten geschlagen
Und den verdammten Militarismus bis
In unsre Zeit getragen
Bis in unsere Zeit macht er
Noch Ärger unter der Erde mit dem Befehl
Dass er bei seinen Hunden begraben werde
Erst König Helmut hat pariert
Jetzt haben seine Hunde ihn
Den alten Knochen und wir sein
Reiterstandbild mitten in Berlin

Das muss ein anderer Friedrich sein
In diesem gottesfürcht'gen Land
Hätt' man nach so einem Strolch
Doch keine Straße benannt!

Na, dann nach Friedrich Willhelm
Also nach Kaiser Wilhelm, dem Oll'n
Den mit dem langen Bart
Den manche so gern wiederhaben woll'n
Der uns im fernen Afrika
So ungemein gerngesehen machte
Weil er die nackten Wilden da
Erstmal auf Vordermann brachte
Ein übler Judenhasser
Der die Rüstungstrommel rührte
Und Deutschland mit Hurrah in
Den ersten Weltkrieg führte
Dessen Prunksucht, dessen Unfähigkeit
Dessen Wanken
Unsre Großeltern den Hungerwinter 17
18 verdanken:
Suppenküchen, Elend, Invaliden
Durchhalteparolen
Nur Majestät haben sich schon
Mal nach Holland empfohlen
Als er sich sang- und klanglos
Feige verpisst hatte vor allen
Waren zehn Millionen Menschen auf
Den Schlachtfeldern gefallen
Das muss ein anderer Friedrich sein
In diesem gottesfürcht'gen Land
Hätt' man nach so einem Strolch
Doch keine Straße benannt!

Blieb' noch der Struwwelpeter Friederich
Der Wüterich sowie
Die argen Friederiche aus der
Stahl- und Rüstungsindustrie
Aber Vorsicht, denk' ich
Und dass ich mich ja am Riemen reiße:
Mir fällt ein, dass ich mit zweitem Vornamen
Selbst Friedrich heiße!
Gut, ich hab schon mal falsch geparkt und
Auch schon mal zu viel getrunken
Aber bitte reiht mich nicht ein
In diese Bande von Halunken!
Ich mach' keine Falschaussagen
Ich veruntreu keine Spenden
Keine Dienstwagenaffäre und kein Schmiergeld
An den Händen zahle ächzend meine Steuern
Tu keiner Fliege was zuleide
Mauschle nicht mit Bonusmeilen und
Ich schwör' keine Meineide
Gehe nicht der Praktikantin an
Die Wäsche im Büro
Und zeig' Migranten nicht den
Falschen Weg zum Bahnhofsklo

Kurz, ich versuch' einfach nur so zu leben
Dass man nicht zum Schluß wenn ich tot bin
Noch 'ne Straße nach mir benennen muss

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