Franz Josef Degenhardt - In den guten alten Zeiten songtext (lyrics)

[Franz Josef Degenhardt - In den guten alten Zeiten songtext lyrics]

Dort im Südrandkrater
Hinten an der Zwischenkieferwand
Wo im letzten Jahre noch
Das Pärchen Brennesseln stand
Wo es immer, wenn der Mond sich überschlägt
So gellend lacht
Drüben haust in einem Panzer
Aus der allerletzten Schlacht
Jener Kerl mit lauter Haaren auf
Dem Kopf und im Gesicht
Zu dem, wenn es Neumond ist
Unser ganzer Stamm hinkriecht
Jener schlägt ein Instrument aus
Hohlem Holz und Stacheldraht
Und erzählt dazu
Was früher sich hier zugetragen hat
In den guten alten Zeiten
In den guten alten Zeiten

Damals konnte, wer da wollte
Auf den Hinterkrallen stehn


Doch man fand das Kriechen viel
Bequemer als das Aufrechtgehn
Der Behaarte sagt, sie seien sogar geflogen
Und zwar gut aber keiner fand je abgebrochne
Flügel unterm Schutt über Tage und in Herden
Lebten sie zur Sonnenzeit
Doch zum Paaren schlichen sie in Höhlen
Immer nur zu zweit
Ihre Männchen hatten Hoden und
Ein bißchen mehr Gewicht
Doch ansonsten unterschieden sie sich
Von den Weibchen nicht
In den guten alten Zeiten
In den guten alten Zeiten

Damals wuchsen fette Pflanzen
Überall am Wegesrand
Doch sie abzufressen galt als äußerst
Unfein in dem Land
Man verzehrte Artgenossen
Selbst das liebenswerte Schwein
Doch die aufrecht gehen konnten
Fraß man nicht, man grub sie ein
Manchmal durfte man nicht töten
Manchmal wieder mußte man
Ganz Genaues weiß man nicht mehr
Aber irgendwas ist dran
Denn wer Tausende verbrannte
Der bekam den Ehrensold
Doch erschlug einen Einzelnen
Hat der Henker ihn geholt
In den guten alten Zeiten
In den guten alten Zeiten

Wenn ein Kind ganz nackt und
Lachend unter einer Dusche stand
Dann bekam es zur Bestrafung
Alle Haaren abgebrannt doch war's artig
Hat's zum Beispiel einen Panzer gut gelenkt
Dann bekam es zur Belohnung um
Den Hals ein Kreuz gehängt
Man zerschlug ein Kind
Wenn es die Füße vom Klavier zerbiß
Doch man lachte
Wenn's dem Nachbarkind ein Ohr vom Kopfe riß
Blut'ge Löcher in den Köpfen zeigte
Man den Knaben gern
Doch von jenem Loch der Löcher
Hielt man sie Hieben fern
In den guten alten Zeiten
In den guten alten Zeiten

Alle glaubten an den
Unsichtbaren gleichen Manitu
Doch der Streit darüber, wie er aussah
Ließ sie nie in Ruh
Jene malten ihn ganz weiß und
Andre schwarz oder gar rot
Und von Zeit zu Zeit
Da schlugen sie sich deshalb einfach tot
Ob die Hand ganz rot von Blut war
Und die Weste schwarz von Dreck
Das war gleich, wenn nur die
Haut ganz weiß war, ohne jeden Fleck
Und den Mischer zweier Farben
Federte und teerte man
Oder drohte ihm für nach
Dem Tode Feuerqualen an
In den guten alten Zeiten
In den guten alten Zeiten

Und wer alt war, galt als
Weise, und wer dick war, galt als stark
Und den fetten Greisen glaubte man
Aufs Wort und ohne Arg
Und wenn Wolken sich am Abend färbten
Freute man sich noch
Und man fraß ganz ruhig weiter
Wenn die Erde brandig roch
Denn vom Himmel fiel noch Wasser
Und die Sonne war noch weit
Und der große Bär, der schlief noch
In der guten alten Zeit
Und die Erde drehte sich nicht
Plötzlich rückwärts und im Kreis
Doch man schaffte rüstig, bis es dann gelang
Wie jeder weiß
Und da war Schluß mit jenen Zeiten
Mit den guten alten Zeiten
Und so hocken wir bei
Neumond an der Zwischenkieferwand
Wo im letzten Jahre noch
Das Pärchen Brennesseln stand
Und wir lauschen dem Behaarten
Der sein Instrument laut schlägt
Und wir lauschen, lauschen
Lauschen nächtelang und unbewegt
Und wir träumen von den guten
Alten Zeiten und dem Land
Wo man überall und jederzeit
Genug zu fressen fand
Unsre Stammesmutter streichelt unser Jüngstes
Mit den Zehn
Manchmal seufzt sie: Oh ihr Brutgenossen
War das früher schön
In den guten alten Zeiten
In den guten alten Zeiten

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