Hannes Wader - Hotel zur langen Dämmerung songtext (lyrics)

[Hannes Wader - Hotel zur langen Dämmerung songtext lyrics]

An tausend Meilen hast du heut'
Schon hinter dich gebracht es ist spät
Du suchst und findest eine
Bleibe für die Nacht von alldem
Was du schon geseh'n und nicht begriffen hast
Bist du todmüde
Sehnst dich nur nach einer langen Rast
Dies' Hotel
Die trübe Funzel in dem engen Korridor
Kommen dir, als du dich umsiehst
Schon nicht ganz geheuer vor
Und dann weißt du es genau
Als du die Zimmertür aufschließt
Dass du vor langer Zeit schon
Einmal hier gewesen bist

Schlaf nicht ein im Hotel
Zur langen Dämmerung, bleib wach
Denn der Atem toter Seelen staut
Sich unter diesem Dach
Und frisst sich, wenn du schläfst


So tief in Hirn und Lungen fest
Dass du dieses Haus nur sterbend
Oder tot wieder verlässt

Und du sitzt und wachst und wartest
Doch die Zeit will nicht vergeh'n
Und dir ist, als könntest du auf einmal
Durch die Wände seh'n siehst ein Zimmer
So wie deins und ein Junge kommt herein
Du erschrickst und meinst
Du selber könntest dieser Junge sein:
Große Füße, große Augen
Von zu Hause durchgebrannt
Haar und Hosen viel zu kurz
Wie es noch Brauch ist auf dem Land
Alles liebend ohne Furcht
Was neu und fremd ist um ihn her
Und du fragst dich
Ob du je so jung gewesen bist wie der

Schlaf nicht ein im Hotel
Zur langen Dämmerung, bleib wach
Denn der Atem toter Seelen staut
Sich unter diesem Dach
Und frisst sich, wenn du schläfst
So tief in Hirn und Lungen fest
Dass du dieses Haus nur sterbend
Oder tot wieder verlässt

In dem Raum gleich nebenan siehst
Du dich als alten Mann
Einsam und verbittert
Krank und ohne einen Zahn
Und der wackelt mit dem Schädel
Hält die Bibel auf den Knien
Seine dürren Spinnenfinger blättern
Aufgeregt darin
Ganze Sätze streicht er aus mit
Seinem Rotstift in der Hand
Und schreibt dafür, böse flüsternd
Wilde Flüche an den Rand
Und schon bluten seine Finger
Zucken weiter wie im Krampf –
Du gibst ihm noch eine Stunde
Und dann endet dieser Kampf

Ja, schlaf nicht ein im
Hotel zur langen Dämmerung, bleib wach
Denn der Atem toter Seelen staut
Sich unter diesem Dach
Und frisst sich, wenn du schläfst
So tief in Hirn und Lungen fest
Dass du dieses Haus nur sterbend
Oder tot wieder verlässt

Auch der Junge schläft noch nicht
Nimmt sein Instrument und spielt
Dazu schreibt er etwas auf, bringt in Reime
Was er fühlt falsche Töne
Schlechte Verse – es ist gleich
Wie gut er's macht
Denn nur schreibend, spielend
Singend übersteht er diese Nacht
Das macht durstig, und er
Dreht an dem Wasserhahn, der spritzt
Etwas aus, was nach dem riecht
Was ein Sterbender ausschwitzt
Und du wünschst dir
Dass er statt zu trinken
In das Becken schifft
Und er tut's und bleibt für diesmal
Noch verschont von diesem Gift

Doch schlaf nicht ein im
Hotel zur langen Dämmerung, bleib wach
Denn der Atem toter Seelen staut
Sich unter diesem Dach
Und frisst sich, wenn du schläfst
So tief in Hirn und Lungen fest
Dass du dieses Haus nur sterbend
Oder tot wieder verlässt

Deine Uhr zeigt erst auf drei
Sie blieb schon vor Stunden steh'n
Sie schläft den langen Schlaf und
Wird nie mehr wieder geh'n
Es wird Morgen, Junge, nimm
Jetzt deine Brocken, du musst fort
Da ist ein Park mit einem Brunnen
Trink und wasch dich dort
Du wirst doch noch And're finden
Die sind auch so jung wie du
Die erklären dir die Welt
Höre ihnen ruhig zu
Dann wirst du weiterzieh'n, viel seh'n
Doch das Wenigste versteh'n
Und nach Jahren vielleicht nochmal
Über diese Schwelle geh'n

Dann schlaf nicht ein im
Hotel zur langen Dämmerung, bleib wach
Denn der Atem toter Seelen staut
Sich unter diesem Dach
Und frisst sich, wenn du schläfst
So tief in Hirn und Lungen fest
Dass du dieses Haus nur sterbend
Oder tot wieder verlässt

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