Prezident - Mise en Abyme songtext (lyrics)
[Prezident - Mise en Abyme songtext lyrics]
Von ganz hinten rechts im Schädel
So als wäre sie nie wirklich weg gewesen
Schießt sie empor, deine erste Erinnerung
Dein erster bewusster Moment im Leben
Und du stehst wie ein
Rehkitz auf wackligen Beinen
Mit zweieinhalb Jahren, nackt und am weinen
Versteckst dich im Schrank
Denn du kannst es nicht leiden
Zu baden und zitterst vor Wasser und Seife
Und sie ruft dich und sucht dich und als
Deine Mutter dich sieht ist
Sie ziemlich genervt
Sie gibt dir 'nen Klatsch
Packt dich am Arm und dann schleift
Sie dich kurzerhand hinter sich her
Deine Schwester schreit
Deine Eltern bleiben vielleicht für euch
Beide bloß doch noch zusamm'
Den Sommer dann gehts
In die Dachgeschosswohnung
Beim Umzug bricht sich dein Onkel die Hand
Du vermisst die bordeauxroten Wohnzimmerwände
Der Wohnung davor
Dein cooler Onkel spielt dir
Mit nur einer Hand
Ein paar Melodien auf dem Xylophon vor
Was bist du jetzt
Vielleicht um die sechs? Wie riesig
Der Schulhof der Grundschule ist
Wie viele neue Gesichter man trifft
Wie schnell man die alten Gesichter vergisst
Erzählendes Ich, erlebendes Ich
Man braucht zwei Augen zur Tiefenwahrnehmung
Es ziehen sich Linien durch deine Erzählung
Jetzt siehst du, was war, als der
Der du bist du erinnerst dich grad, wie
Verliebst du mal warst
Kurz nachdem du in die Dritte kamst
War jeden Mittwoch abend für so zwei
Drei Stunden eine Lara zum Babysitten da
Und sie war zwar sympathisch, doch
Das wars nicht, längst verschüttetes
Unterbewusstes
Latent vorhandes guckt, daß es Luft kriegt
Du riechst ne Brise ihres Duftes
Eines Tages, in der Fußgängerzone
Habt ihr sie getroffen, in Bluse und Rock
Bei einem Spaziergang mit deiner Familie
Sie grüßte und strich dir
Ganz kurz über'n Kopf
Und du trautest dich kaum
Hochzuschaun, sie schien ungewohnt
Geschminkt wie sie war
Doppelgesichtig - jetzt wird dir dein
Faible für dunkelroten Lippenstift klar
Du ahntest
Dass hinter der braven Fassade noch
Irgendetwas ganz anderes lag
Du warst so traurig, als sie nicht
Mehr kam an den Mittwochabenden
Mangels Bedarf
Schon bist du bei Mark, etwas kleiner als
Du, wie er nicht aufhör'n kann
Scheiße zu reden
Du boxt ihn, er weint und dann ist
Dir peinlich, daß alle so tun
Als sei's ne Leistung gewesen
Vater sagt, du musst was leisten
Im Leben, redet mit dir
Aber spricht zu sich selbst
Wird den Job verlieren bis
Zum Ende des Monats
Er und deine Ma streiten deswegen
Sie wird hysterisch, schaut schweigend
Ins Leere, raucht
Macht deiner kleinen Schwester Angst
Die kommt zu dir, immer dann
Wenn es laut wird, du hälst ihr die Ohren zu
So fest wie du kannst
Beschissene Zeiten, gute Zeiten, nach kurzer
Zeit ist der Spuk vorbei, denn
Dein Vater findet neue Arbeit
Plötzlich gehts deinen Eltern zu
Gut um zu streiten
Ihr unternehmt viel an den Wochenenden
Geht ins Kino, schwimmen
Ein Mal sogar campen
Montags bis Freitags siehst du
Deinen Vater kaum noch
Er hat für den Job zu kämpfen
In der Schule läufts gut, nicht
Glänzend, doch es wird reichen
Um auf das Gymnasium zu komm'
Eines Tages wirst du als Erster
In der Familie studieren könn'
Sagen sie schon so weit gehn deine Gedanken
Nicht, dich interessiert
Wer sonst in deiner Klasse ist
Zwei von fünfundzwanzig kennst du von
Früher, du gibst dir Mühe
Dass du Anschluß kriegst
Damals gings schnell, heute geht es
Noch schneller, die Tage vergeh'n
Jeder zieht kurz vorbei
Das tägliche Aufstehn, der tägliche Schulweg
Jedes Abendessen mit der Familie daheim
Jede Klassenarbeit
Jedes Fußballspiel und Nintendospiel mit den
Jungs auf der Couch
Deine erste Kippe, dein erstes Mal auf Lunge
Wie du vor das Schultor
Gekotzt hast vom Rauch
Dein erstes Mal Ente, wie können
Deine Eltern chinesisch nicht mögen
Du kriegst nicht genug
Vom Glutamat und von der Referendarin
Die blond war und dunklen Lippenstift trug
Du bunkerst die Tempos, kaufst sie dir
Selbst, bloß daß keiner merkt
Wie du sie verschleißt
Guckst der Referendarin verstohl'n auf den
Arsch und bebst zu erfahr'n
Was er Gutes verheißt
Sturmfrei daheim, Leonie auf dir
Reibt sich an dir, zieht ihr Hemd übern Kopf
Zieht selbst den BH aus
Hinter'm Rücken befrei'n ihre Hände die
Brüste vom glänzenden Stoff
Du küsst sie noch ein Mal, umspielst
Ihre Höfe, spielst ihr am Gürtel
Sie weist dich zurück
Und am nächsten Morgen hast du Schmerzen im
Skrotum vom Steifsein und
Vom verweigerten Glück
Doch nicht mehr lang, bis du weisst, wie
Es ist, denkst du, irgendein Freitag
Du kiffst und trinkst zuviel und du
Verspielst deine Chance
Allzu leichtfertig verzeihst du´s dir nicht
Mit dem Alk wirst du nie wieder warm
Du rauchst lieber Gras, mit den Jungs
Ab und an
Dein alter Herr rastet aus, als er's
Rauskriegt, doch es gibt nichts
Was er machen kann
Dein Onkel bringt dir bei, Bass zu spieln
Mit Freunden beziehst du nen Proberaum
Doch ihr schafft nicht viel ausser
Kleineren Sessions, du liebst es
Einfach drauf los zu hauen
Meistens hängt ihr nur rum, als
Band unter Jungs, und kifft
Doch am Wochenende geht mehr
Zehn, Fünfzehn Leute, versammelt im Nebel
Hier hast du Natalie kennengelernt
Sie wird für drei Jahre ständig bei dir sein
Irgendwann wird es dir zuviel sein
Doch in diesem Augenblick liebst du sie und
Du liebst das Gefühl des Verliebtseins
Die meisten
Lehrer sind Wichser, viermal die Woche
Hält dir Vater vor, wie scheißteuer es ist
Zwei Mal die Woche Nachhilfe zu nehmen
Damit du die Zehnte dann doch noch hinkriegst
Dann Oberstufe, wieder neue
Leute, neue Freundeskreise
Neue Möglichkeiten
Erster Nebenjob, das erste eigene Geld
Erster Streit mit Natalie, ja schöne Scheiße
Das erste Mal gefickt von ner Streife
Ein ziemlicher Aufstand für fünf'nhalb Gramm
Und in den Scheißproberaum bricht jemand
Ein und nimmt alles mit
Was gerippt werden kann
Du strengst dich mehr an in der Schule
Du willst niemals Sorgen ums Geld ham
Wie deine Eltern
Du willst einen Job haben, 'n Guten
Legst 'n 1, 8-Abitur hin
Und du belohnst dich
Im Anschluß daran geht es erst an
Den Strand und dann nach Amsterdam
Mit Freunden läufst du auf Magic
Mushrooms, geängstigt von allem
An den giftgrünen Grachten entlang
Und die Nacht wird noch lang, ihr trinkt und
Raucht und ihr schaut nach dem Fleisch
Das in Schaufenstern ausliegt
Und du denkst an deine Frau und daran
Wie es zwischen euch beiden aussieht
Dass sie dir so vertraut wie deine
Eigene Haut ist, dass du
Wenn sie sich auszieht
Kaum noch was spürst, kein Kribbeln und
Keine Erregung und dir wird klar
Was du ewig schon aufschiebst
Und für zwei deiner Jungs
Zieh'n sich Vorhänge zu
Doch du wirst das mit der Nutte lassen
Denn du hast Prinzipien, du bleibst Natalie
Treu und gehst heim zu ihr
Um mit ihr Schluss zu machen
Septembersonne - du kommst vom Zivildienst
Der Job ist okay
Meistens gibt es nur für zwei
Drei Stunden zu tun und du kiffst viel
Und lässt es schön locker angeh'n
Noch so zehn Minuten bis zu dir daheim
Und zwei türkische Muttis mit Kinderwagen
Nehmen vor dir den kompletten
Bürgersteig ein im
Laufschritt weichst du aus auf die Straße
Und Sekunden werden zu Jahren du hast
Dieses grässliche Quietschen im Ohr
Eine Druckwelle schiebt sich wie durch
Deinen Körper, schwillt an
Zieht deine Glieder empor nimmt in dir zu
Eine Fläche von Schmerz strahlt aus
Von Rücken und Hinterkopf
Und du zersplitterst, zerspringst, empfindest
Ein Brennen im Torso
So als ob du innerlich kochst
Und es wird schwarz um dich rum
Und doch sind da Bilder
Nur aus dem Gedächtnis
Ganz plötzlich von ganz hinten
Rechts im Schädel
Wird alles Gewesene wieder lebendig
Dein Leben endet nicht, es endet niemals
Der Zeitpunkt des Todes wird niemals erreicht
Jacob's Ladder ist ne Wendeltreppe, und
Sie wächst in die Breite
Je tiefer du steigst
Spiralförmig - Millisekunden werden
Millenien sein
Dein beschränktes Verständnis
Der Grenzen der Zeit
Wird Kenntnissen weichen
Die kein noch lebendiger Mensch mit dir teilt
Du wirst hundertfach alles das
Was du jemals erlebt und
Geseh'n und empfunden hast
Wieder erleben, seh'n und empfinden
Von der Kindheit beginnend
Bis der Bus dich erfasst
Immer wieder das Leben im Leben
Erleben, den Spiegel im Spiegel
Mise en Abyme
Die Binnenerzählung der Binnenerzählung der
Binnenerzählung erzählen und hör'n
Immer wieder das Leben im Leben
Erleben, den Spiegel im Spiegel
Mise en Abyme
Die Binnenerzählung der Binnenerzählung der
Binnenerzählung erzählen und hör'n