Reinhard Mey - Golf November songtext (lyrics)

[Reinhard Mey - Golf November songtext lyrics]

Die letzten Einkäufe gemacht
Der Dienst geht heut bis kurz vor acht
Freitag, der 23 dezember

Ein Blick aufs Vorfeld, es schneit
Da draußen steht sie startbereit
Die Delta-Hotel-Kilo-Golf-November

Der Nachmittag nimmt seinen Lauf
Der Doktor klart den Schreibtisch auf
Der Flieger ißt sein Wurstbrot mit Behagen
So haben die zwei oft gewacht
Zusammen manchen Flug gemacht
Und noch mehr Zeit zusammen totgeschlagen

Der Wettermann sagt: schlechte Sicht
Im Westen Bremen ist schon dicht
Minus vier Grad mit starken Niederschlägen

Um drei Uhr ist die Kaltfront hier
Der Flieger streicht sein Brotpapier


Und faltet es bedächtig: "Meinetwegen"

Der Doktor rumort nebenan
Sucht Filtertüten, macht sich dran
Tassen zu spülen und Kaffee zu kochen

Aber der Notruf kommt vorher:
Am Ostufer, Steinhuder Meer
Ein Kind ist im dünnen Eis eingebrochen

Der Doktor trommelt: "Tempo Mann!"
Der Flieger läßt das Triebwerk an
Ein Dutzend bunter Lämpchen sind zu testen

Und kaum daß er den Tower ruft
Hat er den Vogel in der Luft
Quer übern Platz und auf dem Kurs nach Westen
Schon taucht er ein im düsteren Grau
Hier kennt er jeden Busch genau
Jeden Schornstein, alle Hochspannungsmasten

Noch keine fünf Minuten sind
Verflogen, als er schon beginnt
Sein Ziel in Bodennähe zu ertasten

Ein zweites Flugzeug, Phönix I I I
In dreihundert Fuß ist dabei
Den See in größ'rer Höhe zu umkreisen

Um aus der bess'ren Übersicht
Der Golf-November, die ganz dicht
Über dem Wasser schwebt, den Weg zu weisen

War da ein Schatten unterm' Eis?
Die Golf-November ist im Weiß
Von aufwirbelndem Pulverschnee verschwunden

Da war's, in Position neun Uhr
Da drüben links, drei Meter nur
Da ist es, ja, sie haben es gefunden!

Der Flieger setzt im Schwebeflug
Seine Maschine fest genug
Auf's Eis, um mit den Kufen einzubrechen
Und hält sie dann in Maßarbeit
Wie festgeschraubt, zwei Fingerbreit
Über den trügerischen weißen Flächen

Der Doktor wagt's und seilt sich ab
Steigt auf die Kufe, viel zu knapp
Die Zeit, um Rettungsgerät zu besorgen

Kniet hin aus waghalsigem Stand
Packt zu und hat mit sichrer Hand
Die kleine, leblose Gestalt geborgen

Leistung und Steuerknüppel vor:
Die Golf-November schießt empor
Und wieder ist's ein Wettlauf um Sekunden

Und bald ist die kostbare Fracht
Behutsam versorgt und bewacht
Hinter gläsernen Kliniktür'n verschwunden

Das war's die Anspannung schlägt um
In Müdigkeit, die Zwei steh'n rum
Keiner hat ein Wort herauszubringen

Während da drin mit aller Kraft
All ihrer Kunst und Meisterschaft
Ein dutzend Menschen um ein Leben ringen

Dreitausend Stunden auf dem Bock
Und immer noch der gleiche Schock
Den hilft keine Gewohnheit überwinden

Eintausend Einsätze und mehr
Und immer noch genauso schwer
Sich mit unserer Ohnmacht abzufinden

Die Front ist da, es dunkelt schon
Und in der engen Wachstation
Sind bleiche Neonleuchten angegangen

Der Flieger füllt den Dienstplan aus
Der Doktor sieht zum Fenster raus
Und ein Gedanke hält die zwei gefangen

Doch keiner, der das Schweigen bricht
Die winz'ge Chance nur, mehr nicht!
Beide würden sie viel dafür geben

Und da zerreißt das Telefon
Die Stille in der Wachstation
Und eine Stimme sagt, das Kind wird leben

Der Doktor hängt der Hörer ein
"Der Kaffee dürfte bitter sein
Egal, ich nehm'ne Tasse, Du auch eine?"

Der Flieger nickt von seinem Platz
Und schreibt Anlaß: Rettungseinsatz
Besondere Vorkommnisse: - keine

Dolmetschen für


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