Reinhard Mey - Heimatlos songtext (lyrics)
[Reinhard Mey - Heimatlos songtext lyrics]
Anstrengenden Reise
Schließt die Wohnungstür auf
Gehst in die Küche und machst leise
Das Radio an, läßt dich auf einen Stuhl
Fall‘n ganz benommen
Du bist noch gar nicht so richtig angekommen
Du blätterst in der Post
Der Radiomann verspricht den Kids
Gebetsmühlenartig die größten Hit's
Und die coolsten Oldies der letzten 200 Jahre
Und sie dudeln dich zu mit
Der immer gleichen Meterware
Wie von Helsinki bis hinunter nach Kampala
Von links nach rechts über
Die ganze Radioskala
Und du merkst erst beim Verkehrslagebericht:
Dies ist das Land
In dem man angeblich deine Sprache spricht!
Doch du bist heimatlos belogen
Betrogen übern Tisch gezogen
Wie von ‘nem schwarzen Loch aufgesogen
Heimatlos abgezockt
Trocken gedockt schwer geschockt
In die Falle gelockt und wie ein Schaf an
Den Hinterbeinen angepflockt
Ein blödes Gefühl du findest kein Asyl
Du bist nackt und bloß heimatlos
Du beginnst im Stapel aufgestauter
Zeitungen zu blättern
Und schon kommt das ganze Elend auf
Dich zu in großen Lettern
Und in den Fotos der
Strahlemänner und der Schreibtischtäter
Der Amigos
Der Schmarotzer und der Niemalszurücktreter
Du hast geglaubt
Dem Sumpf für kurze Zeit entkommen zu sein
Doch mit der ersten Schlagzeile hol‘n
Sie dich alle wieder ein
Die Heuchler, die Umfaller
Die Aussitzer und Ausgrinser
Die dunkle Konten Anleger
Und die Schwarzgelderverzinser
Hab‘n sie nicht alle laut und deutlich
Neulich noch vor aller Ohren
Allen Schaden vom Volk abzuwenden geschworen?
Und wieder hat das alte Vorurteil
Sich als richtig entpuppt:
Das ist nämlich gar kein Vorurteil:
Macht macht sie wirklich korrupt
Du fühlst dich heimatlos
Kein Aufschrei geht durchs Land
Nur stilles Ducken, kein Aufmucken
Keiner geht mehr auf die Straße
Nur ein müdes Achselzucken
Über Unterschlagung, Hinterziehung
Lügen und Skandale
Eine schlappe Spaßgesellschaft
Ohne Moral und Ideale
Gib ihnen Brot und Spiele
Das betäubt die Republik
Ein Bißchen Love-Parade
Schmuddel TV und Volksmusik
Bißchen Unterleibskomik
Bißchen nackten Hintern Zeigen
Und keiner hört mehr auf die
Mahner und die Lästermäuler schweigen
Gib ihnen hohle Plastik-Idole
Die durch ihren Alltag geistern
Und bunte Werbung
Um ihnen die Augen zu verkleistern
Gib ihnen ihre Seifenoper und du
Hast sie in der Hand:
Heiterkeit und Lechz! und Freizeit
Danach strebt das Vaterland!
Und du bist heimatlos
Du hängst deine ganze Hoffnung an
Den letzten ehrlichen Knochen
Und dann siehst du in den Nachrichten
Der ist auch bestochen!
Für‘n Flugticket, ‘nen Opernball
Für ein paar Pirouetten
Auf dem roten Teppich für ein
Bild in den bunten Gazetten
Du möchtest aufheul‘n vor
Enttäuschung, ausrasten, stehst unter Schock
Doch die Leute sind echt gut drauf
Hab'n mehr auf Comedy Bock und sie johl‘n
Sie schlagen sich die Schenkel
Blutig vor Lachen und du spürst
Du mußt dich schleunigst hier
Vom Acker machen
Aber du kannst nicht gleichgültig zusehn
Wie sie das Volk bescheißen
Du hast lang genug geknurrt
Jetzt kriegst du Lust, zu beißen!
Und wo wolltest du denn auch hin
Wenn deine Wut verraucht?
Hier hast du lebenslänglich und hier
Wird dein Zorn gebraucht! Du bist heimatlos
Der Dax, der Dow Jones, der Euro
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