Reinhard Mey - Serafina songtext (lyrics)

[Reinhard Mey - Serafina songtext lyrics]

Neustädtische Strasse auf der
Ecke Reichtagsufer
Mitten im mittesten Mitte
Grad aus dem Boden gestampft: ein
Haus wie ein Knast, d'rin das Ristorante
"la tartuffa", eine Baustelle davor
Ein frischer Hundehaufen dampft das
Menü wellt sich im
Fenster in Kondenswassergerinseln
'nen Parkplatz kriegst
Du nie, und die Gegend ist
Weiss Gott, nicht toll, doch eh' du Einlass
Findest, musst du draussen betteln
Musst du winseln, denn wann immer du
Auch kommst
Der laus'ge Laden ist schon brechend voll

Denn da ist Serafina, und Serafina
Strahlt wie ein Gestirn, serafina - sie
Sieht dich an und sieht dir direkt
Ins Gehirn! Und sie sagt: "Buongiorno


Signore", "Benvenuto, signore", "Ha
Riservato, signore?", "Un momento
Signore!" Und Serafina sagt: "Prego
Signore!" Und du kannst dein Glück kaum
Fassen, sie hat dich wirklich eingelassen
Du möchtest auf die Knie fallen
Und ihren Namen lallen: Serafina!
Da drängen sich die Baulöwen
Die Schlitzohren und Investoren, die
Goldkettchenträger, ach
Da schmachten Kiez und Kapital
Und fragen sich:
"Was hat so eine Schönheit hier verloren
Wie kommt so eine Göttin in so ein
Schäbiges Lokal?" Sie schwebt an ihnen
Vorbei, sie lässt sie hungern, lässt
Sie warten
Sie seh'n sich nach ihr um und alle
Träumen sich mit ihr auf und
Davon, die mit den Chauffeurlimousinen
Draussen, die BMW-Yuppies, die
Smarten, und die ganz frisch
Dazugereisten Polithanseln aus Bonn

Mit Serafina, sanft wie die Hügel der
Toscana ist ihr Leib, Serafina, wie
Der Vesuv und wie die Blaue Grotte ist
Dies Weib! Und sie sagt: "Come sta
Signore?", "La carta, signore?", "Un
Po' d'acqua, signore?", "Oggi le
Raccomando, signore" Und Serafina
Sagt: "Buon appetito, signore!" Und du
Hörst die Banker ächzen, siehst
Die Senatoren lechzen, an ihren Grissinis
Knabbern und ihren Namen sabbern: Serafina!

Dass das Essen, wenn's denn kommt
Nur schwer geniessbar ist, ist schnuppe
Dass es auch nicht ist
Was grad bestellt wurde
Ist allen klar: Hauptsache
Serafina hält ihren Daumen in die Suppe
Und in den Antipasti liegt ihr
Langes, schwarzes Haar da mag der
Pinot Grigio lauwarm sein, die Pasta kalt
Und nicht al dente - was soll's
Ihr Lächeln ist voll Anmut, und ihr Gang
Ist eine Zier, und für den armen
Kleinen Wein im Glas sprudeln die
Komplimente, Hauptsache ist
Der Lippenstift am Glas ist auch von ihr

Von Serafina, leibhaft'ge Muschelvenus
Botticellis Kind, Serafina, nicht
Wie die magersücht'gen Models alle sind!
Und sie fragt: "Era buono
Signore?", "Un capuccino, signore?"
"Un digestivo, signore?", "Il conto
Signore?" Und Serafina haucht: "Arrivederci
Signore" und die
Parlamentsmitglieder schlagen stumm die
Augen nieder: Sie einmal unter der
Blitzenden Reichtagskuppel besitzen:
Serafina!
Die Geldsäcke, die Wichtigtuer können
Es einfach nicht fassen, dass man dies
Engelsgleiche Traumgeschöpf für kein
Geld kaufen kann sie können alle Kohle
Dieser Welt im Teller mit
Der Rechnung lassen, sie lächelt durch alle
Hindurch, und nur einen lächelt sie an:
Der ist Spüler in der Küche, heisst
Vassili und kommt gradewegs wie sie
Aus Otjakov bei Odessa, dem gleichen
Winz'gen Ort, und wenn der
Letzte Gast gegangen ist
Ist Schluss mit der
Maskerade, wirft sie sich ihm an den
Hals und die Italienisch-Brocken über bord

Und ist Valentina, ein Herz wie
Tundra, Taiga und der Baikalsee, valentina
Die Seele wie der Don so weit und
Weiss wie Schnee! Und sie sagt:
(kyrillische Satzzeichen) , und:
(kyrillische Satzzeichen)
Und: (kyrillische satzzeichen) , und:
(kyrillische Satzzeichen) und Valentina sagt:
(kyrillische Satzzeichen) valjuscha
Sieben weisse Birken können nicht
Lieblicher wirken
Alle Ebnen der Ukraine sind nicht
So eben wie deine: Valentina!

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