Reinhard Mey - 51er Kapitän songtext (lyrics)

[Reinhard Mey - 51er Kapitän songtext lyrics]

Ich seh‘ noch
Wie mein Vater aussteigt aus dem
6 Uhr 20 Vorortszug
Mit der abgewetzten Aktenmappe und
Dem grauen Mantel, den er trug
Jeden Abend stand ich da am Bahnhof
Ich war grade neun oder zehn
Und ich war stolz
Den staub‘gen Siedlungsweg lang neben
Ihm zu gehn
Und dann musst‘ er mir jeden Abend
Die immer gleiche Geschichte erzähl‘n:
Wie einmal alles mit uns werden würde
Und da durfte kein Wort fehl‘n
Und immer vor der Haustür musst‘ er
Sagen: "Eines Tages wirst du sehn
Da werden wir beide hier vorfahr‘n
In einem schneeweißen 51er Kapitän!

Und die Sitze sind aus rotem Leder und
Der Himmel ist wie ein Dom


Und der Lack glänzt in der Sonne
Und überall funkelt Chrom
Die Motorhaube nimmt kein Ende
Und die Kühlerfigur blitzt
Und du glaubst, du würdest schweben
Wenn du hinterm Lenkrad sitzt!"
Ich hatte eine schwarze
Trainingshose und mein
Vater besaß ein Paar Schuh‘
Aber wenn er so erzählte
Dann fehlte nicht mehr viel dazu
Und wenn ich meine Augen schloss
Dann konnte ich uns wirklich sehn:
Meinen Vater und mich vor der Haustür
In einem schneeweißen 51er Kapitän!
Nun, es kamen andre Zeiten
Es ging voran und irgendwann
Kam mein Vater dann tatsächlich eines
Abends mit einem Auto an:
Es war ein steinalter Olympia
Bei dem immer der Gaszug riss
Bei dem nie die Heizung ausging
Im Grunde war das ein Totalbeschiss
Meinen Vater aber war er gut genug
Das war genau seine Art
An sich selber immer rumzuknausern
An uns hat er nie gespart

Mir jede Chance im Leben geben
Mich einmal auf dem Treppchen zu sehn
Das war es: der totale Luxus
War sein schneeweißer 51er Kapitän

Er hat nie mehr davon
Gesprochen, doch ich weiß
Er hat davon geträumt
Vielleicht war das so ein
Symbol für eine Chance, die man versäumt
Heut würd‘ ich ihm gern einen
Schenken, ich weiß sogar, wo einer steht:
Rotes Leder, Weißwandreifen
Und sogar das Radio geht
Mein Vater ist vor ein paar Jahr‘n gestorben
Es hat nicht hingehau‘n diesmal
Nicht einmal auf seiner letzten Fahrt
Da war‘s ein schwarzer Admiral
Aber wenn es einen Himmel geben sollte
Dann werd‘ ich ihn endlich sehn:
Denn dann holt mein Alter Herr mich
Ab in einem schneeweißen 51er Kapitän!

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