Julia Engelmann - Erwachsensein songtext (lyrics)
[Julia Engelmann - Erwachsensein songtext lyrics]
Ihr fragt mich, was ich bin
Wenn ich das nur wüsste
Vielleicht alles? Nur kein Kind
Ihr wolltet meine Fantasie
Und mir fiel das Träumen schwer
Und jetzt wollt ihr meine Wahrheit
Das erschreckt mich noch viel mehr
Was ich bin?
Ich bin: Mal bei mir, mal zerrissen
Anders und älter, als ich dachte
Ich bin nicht immer sicher
Ob ich, was ich will, auch schaffe
Wenn mich jemand sietzt
Will ich immer ganz laut lachen
Denkt der etwa, ich bin groß?
Das ist kompletter Schwachsinn
Ich fühl mich manchmal 50
Dann wider 12 bis 18
Im Schnitt bin ich vermutlich
Also wirklich Mitte 20
Ich würde gern und kann nicht
Immer alles richtig machen
Summa summarum bin ich
Allerhöchstens relativ erwachsen
Genug für einen Rückblick
Und die Frage: Bin ich glücklich?
Was will, wer bin ich wirklich?
Was ist alles für mich möglich?
Ich gebe zu
Ich hab mir das anders vorgestellt
Ich dachte, es gibt einen
Großen magischen Moment
In dem ich erwachsen werde, wenn ich
Ohne Hilfe Fahrrad fahr
Vorm Schlafengehen malen darf
Mich in dunkle Keller traue
Meine Eltern nicht mehr brauche
Endlich laut vor anderen rede
Im Supermarkt die Theke sehe
In die Siebte, in die Neunte
Aus der Schule, an die Uni gehe
Alleine in den Urlaub fahre
Rote Lippen, hohe Schuhe trage
Mich keiner nach dem Ausweis fragt
Ich endlich Wein und Käse mag
Wohnung, Partner, Spülmaschine
Trenchcoat, Job und Konto habe
Und wenn niemand mehr sagt:
"Dafür bist du zu klein"
Wenn ich öfter sage: "Ich mach das allein"
Doch was ich auch erreiche
Ich hör nicht auf zu zweifeln
Gar nichts scheint sie zu heilen
Meine Quarterlife-Crisis
Ich gebe zu, ich bin verunsichert
Weil alle anderen all das zu sein scheinen
Was ich gerne wäre, aber nicht bin
Ich hab nur kurz runtergeguckt
Meine Schnürsenkel gebunden
In diesen Sekunden haben
Sich alle um mich herum gefunden
Plötzlich feiern alle Hochzeit
Ziehen zusammen, kriegen Kinder
Und ich schlaf mit meinen Laptop
Kann nicht flirten, kann nicht hindern
Alle machen ihren Master
Wirken plötzlich so gesettelt
Ich konnte währenddessen
Zu 'nem Mittelscheitel wechseln
Ich habe genau dieselben Krisen
Die mich mit 14 genervt haben
Ich frag mich gerade ernsthaft
Ob ich gar nichts gelernt habe
Ich arbeite schon lange
Doch es fühlt sich nicht so an
Ich bin immer noch dabei
Meine Zukunft durchzuplanen
Langsam hebt sich der Verdacht
Dass das für immer so bleibt
Dass ich mich frage, was mal wird
Bis an das Ende meiner Zeit
Vielleicht bin ich ja auch glücksimmun?
Was, wenn ich das gar nicht kann?
Wenn ich nicht ankomme und finde
Wofür eigne ich mich dann?
Jeden Tag erstelle ich Listen
Es gibt so vieles, was ich müsste
Sosehr ich das Gefühl vermisse:
Ich bin auch nicht mehr die Jüngste
Ich fühle mich so allein damit
Dass ich nicht weiß, wie man lebt
Doch immer wieder stell ich fest
Dass es auch anderen so geht
Ich bin mir nicht sicher
Was mich mehr verwirrt:
Die Vorstellung, dass alle es
Wissen außer mir
Oder die Vorstellung, dass niemand es weiß?
Da beißt sich die Katze in den Schwanz!
Alle denken, sie müssten alles wissen
Und deshalb tut jeder so als ob
Und dann sieht jeder nur andere
Die scheinbar alles wissen
Deshalb sage ich das jetzt laut:
Ich weiß nicht, wie man lebt
Aber das macht nichts
Weil Leben keine gerade Linie ist
Und auch nie so gedacht war
Und weil ich stolz auf alles bin
Was ich bisher schon geschafft habe
Vielleicht bin ich längt erwachsen, wenn
Die Krisenphasendauer sinkt
Die Selbstwirksamkeit ansteigt
Ich dazu stehe, wie ich bin
An Lösungswegen dranbleiben
Ich geliebt werde und liebe
Neugier hab und Ziele
Verantwortung alleine trage
Kummer durchgestanden habe
Wenn ich unabhängig bin
Oder wenigstens ein bisschen
Wenn ich sie selber schreibe
Meine eigenen Geschichte
Wenn ich loslasse zu denken
Dass ich irgendwie perfekt bin
Und wenn ich plötzlich proaktiv
Optimistisch und im Jetzt bin
Ist das nicht merkwürdig?
Es gibt Dinge, die ändern sich nie
Egal, wie sehr ich danach strebe
Und Dinge, die längst anders sind
Während ich das übersehe
Ich wachse aus meinen alten Träumen raus
Das fällt mir manchmal schwer
Dafür mag ich meine Wahrheit:
Vielleicht brauche ich sie nicht mehr
Ich hab mich lange nicht getraut
Laut zu sagen, was ich bin:
Manchmal glücklich, Mitte 20
Ziemlich vieles, nur kein Kind
Ich bin zwar noch wie früher
Nur mach ich jetzt andere Sachen
Und vielleicht macht mich das alles
Sogar relativ erwachsen